Die Diskussion um den Gender Pay Gap – also die geschlechtsspezifische Lohnlücke – sorgt seit Jahren für gesellschaftliche Kontroversen. Kritiker sprechen von einem überholten Mythos, Befürworter verweisen auf klare Zahlen. Doch was stimmt nun? Ist die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen real oder eine Fehlinterpretation? Die Antwort ist: Der Gender Pay Gap ist Realität – aber er ist differenziert zu betrachten.
Was bedeutet „Gender Pay Gap“?
Der Begriff bezeichnet den Unterschied im durchschnittlichen Brutto-Stundenlohn von Männern und Frauen. In Deutschland lag der sogenannte „unbereinigte Gender Pay Gap“ laut Statistischem Bundesamt 2024 bei rund 18 % – das heißt, Frauen verdienten im Schnitt 18 % weniger pro Stunde als Männer.
„Unbereinigt“ vs. „bereinigt“
Hier beginnt die Verwirrung vieler Kritiker: Sie werfen der Debatte vor, die Zahlen seien „nicht aussagekräftig“. Tatsächlich unterscheidet man zwischen:
- Unbereinigtem Gender Pay Gap: Vergleich aller männlichen und weiblichen Beschäftigten – unabhängig von Branche, Beruf, Arbeitszeit, Qualifikation.
- Bereinigtem Gender Pay Gap: Vergleicht Männer und Frauen mit ähnlichen Merkmalen (z. B. Bildung, Beruf, Teil-/Vollzeit). Dieser lag 2024 in Deutschland bei etwa 6 %.
Ein bereinigter Unterschied bedeutet: Selbst wenn Frauen und Männer ähnlich qualifiziert sind und die gleichen Jobs machen, verdienen Frauen immer noch weniger – und genau das ist das Problem.
Quelle: louisehoffmann83 via Pixabay | Pixabay LicenseWoran liegt der Unterschied?
- Branchenverteilung: Frauen arbeiten häufiger in schlechter bezahlten Bereichen wie Pflege, Bildung, Einzelhandel.
- Teilzeitarbeit: Rund 47 % der Frauen, aber nur 11 % der Männer arbeiten in Teilzeit – meist wegen Kinderbetreuung oder Pflege.
- Karriereunterbrechungen: Elternzeiten führen zu geringeren Aufstiegschancen und Löhnen.
- Verhandlung & Führungspositionen: Studien zeigen, dass Frauen seltener Gehalt verhandeln und unterrepräsentiert in Führungspositionen sind.
- Diskriminierung: Der bereinigte Gap von 6 % lässt sich nicht allein durch Faktoren wie Beruf oder Arbeitszeit erklären – hier wird strukturelle Benachteiligung vermutet.
Mythos? Nein – aber differenziert
Es stimmt, dass der unbereinigte Gender Pay Gap nicht 1:1 als Beweis für Diskriminierung gewertet werden kann. Es spielen viele strukturelle, kulturelle und individuelle Faktoren mit hinein. Doch der bereinigte Gap zeigt: Selbst bei gleichen Voraussetzungen verdienen Frauen im Schnitt weniger. Das ist keine statistische Täuschung, sondern ein Hinweis auf systemische Ungleichheiten.
Quelle: helpsg via Pixabay | Pixabay LicenseWas kann helfen?
- Transparente Gehaltsstrukturen
- Tarifverträge & Lohnaudits
- Gleichstellung in Elternzeit & Teilzeitmodellen
- Förderung von Frauen in MINT- und Führungsberufen
- Gesellschaftlicher Kulturwandel hin zu mehr Lohngerechtigkeit
Fazit
Der Gender Pay Gap ist Realität, kein Mythos. Die Lohnlücke ist Ausdruck eines vielschichtigen Problems: strukturelle Ungleichheit, tradierte Rollenbilder und ungleiche Chancen. Sie lässt sich nicht mit einem einfachen „Frauen wählen halt andere Jobs“ abtun – sondern fordert politischen Willen, unternehmerische Verantwortung und gesellschaftliches Umdenken.
Mehr zum Thema finanzielle Unabhängigkeit im Alter gibt’s in diesem Beitrag.

